Burgen und Schlösser in Thüngen

Die Thüngener Schlösser

(wh) Im Raum Main-Spessart und der Rhön sind zahlreiche Schlösser und Burgen mit dem Namen Thüngen verbunden. Das Bild der Werntalgemeinde Thüngen selbst wird geprägt durch eine Schlossanlage, die sich inmitten der Parkanlage „Bangerts“ befindet.

Privat

Das Betreten der Schlossanlage durch Fremde ist nicht erwünscht, da es den beiden Familien von Thüngen als Wohnsitz dient. Nur zu besonderen Anlässen gestatten die Besitzer Gästen einen Blick hinter die Schlossmauern.

Die Eigentümer der Thüngener Schlösser sind die Familien von Hanskarl von Thüngen und Eric von Thüngen. Der gemeinsame Urahn beider Familien ist Karl VI. (1776 – 1841). Seine Söhne Wilhelm VIII. (1805-1871) und Wolfgang VI. (1814-1888) teilten am 12. Oktober 1864 nach der Fertigstellung des Spitalschlosses das Eigentum auf. Wilhelm VIII. bekam das Spitalschloss, Wolfgang VI. das Burgschloss.

Gebäudeensemble

Der westliche Teil, das „Burgschloss“, besteht aus einem barockem Obergeschoß und einem Renaissance-Teil darunter. Der östliche Teil, der durch seinen neugotischen Stil mit Türmen und Zinnen auffällt, ist das „Spitalschloss“.  Zur Burganlage gehört außerdem das älteste Gebäude im Schlosshof, der „Alte Stock“. Er wurde erstmals im Jahre 997 urkundlich erwähnt.

Inmitten der Schlossanlage befindet sich ein Brunnen, der die Bewohner und das Vieh bis zum Jahre 1906 mit Wasser versorgte. Umgeben ist die Burg von einem Graben, in dem sich nie Wasser befunden hat. Die zunächst erbaute Zugbrücke wurde vor vielen Jahren durch eine solide Steinbrücke mit drei Bogen ersetzt.

DAS BURGSCHLOSS

Nach dem Betreten des Burghofes ist auf der linken Seite das Burgschloss zu sehen, dessen zerstörter Altbau aus dem zwölften Jahrhundert stammt. Bei Auseinandersetzungen im Jahre 1438 wurde der Altbau stark beschädigt. Nach dem Bauernkrieg im Jahre 1525 war der Trakt nur noch eine Ruine. Philipp Jakob von Thüngen begann 1579 mit dem Wiederaufbau des Burgschlosses. Der Trakt wurde damals „Neuenburg“ genannt und hatte vermutlich mit einigen erhaltenen Teilen des Altbaus nahezu die Form des heutigen Burgschlosses.

Die Gestaltung und Verwendung der Räume änderte sich im Laufe der Jahre immer wieder. So wurden zu Zeiten, als es keine Ortskirche gab, auch Gottesdienste im Schloss abgehalten. Im Jahre 1731 befand sich im Renaissance-Erker des ersten Stockwerkes ein kleiner Altar, den die Untertanen von Außen über eine Treppe erreichen konnten.

Das Burgschloss wird von Hanskarl von Thüngen und seiner Familie bewohnt.

DAS SPITALSCHLOSS

Das Spitalschloss wurde von 1561 bis 1564 als dreigeschossiger Bau mit Zwiebeltürmen erbaut. Vorher befanden sich in diesem Bereich neben Wohngebäuden auch Ställe, Lager- und Wirtschaftsräume, die 1525 im Bauernkrieg zerstört worden waren.

Der Name des Schlosses erklärt sich aus der Verpfändung des Bauwerkes an das Würzburger Juliusspital im Jahre 1564. Thüngen musste sich am Bau des Juliusspitals mit Frondiensten und Zahlungen beteiligen. Weil der lebensfrohe Neidhard von Thüngen dem Würzburger Bischof gegenüber in Zahlungsschwierigkeiten geraten war, wurde das Schloss und ein Viertel des damaligen Ortes an das Juliusspital übergeben. Erst 1854 konnten die Brüder Wolfgang und Wilhelm von Thüngen das Schloss, das sich zu dieser Zeit in einem ruinenhaften Zustand befunden haben soll, wieder in den Familienbesitz zurückführen. Bis zum Ende der 1860er Jahre wurde das Spitalschloss nahezu neu im Neugotischen Stil aufgebaut. Zur selben Zeit wurde auch das Hofgut erbaut und die Viehhaltung wurde vom Schloss in das Hofgut ausquartiert.

Das Spitalschloss wird heute von Eric von Thüngen mit seiner Familie und seiner Mutter Christiane bewohnt. Weitere fünf Wohnungen sind vermietet.

DER ALTE STOCK

Der alte Stock, dessen Mauern am Fuße etwa 4,50 Meter dick sind, diente bis etwa zum Jahre 1700 den Familien von Thüngen als Wohngebäude. Später wurde er zum Lagerhaus umfunktioniert. Die Schießscharten sind noch vorhanden, sogar Einschläge aus den Bauernkriegen von 1525 sind noch zu sehen.

Die großen Fenster sind so gestaltet, dass je zwei Personen gegenüber in der Fensterleibung Platz nehmen konnten und so den herrlichen Ausblick über das Werntal genießen konnten. Auch die Abtritte, in denen die Notdurft verrichtet wurde, sind noch zu sehen.

Der Alte Stock ist seit etwa 1700 unbewohnt und gehört zum Eigentum von Eric von Thüngen.

ORANGERIE

Außerhalb der Schlossanlage, gegenüber dem Schlosstor, befindet sich inmitten des Parks die ehemalige „Orangerie“. Der Barockbau wurde wahrscheinlich 1741 nach Entwürfen des Würzburger Baumeisters Balthasar Neumann errichtet. Die Jahreszahl ist über der Türe zum Garteneingang sichtbar. Überliefert ist, dass der „Kaiserliche Rat“ Philipp Christoph Dietrich von Thüngen den Saal- und Terrassenbau zu Repräsentationszwecken nutzte und hier seine Festgesellschaften empfangen hat.

Von 1979 – 1981 wurde das ehemalige Gartenhaus von Manfred (seine Mutter Heilwig Neumeyer entstammt der Familie von Thüngen) und Irene Neumeyer aufwändig renoviert und dient der Familie seit 1981 als schmuckes Wohnhaus.

BURGSINNER SCHLOSS

Etwa 200 Meter von der großen Burganlage entfernt steht noch ein weiteres stattliches Herrenhaus, das „Burgsinner Schloss“. Bauherr war der ehemalige Herzog von Franken und Würzburger Fürstbischof Konrad II. von Thüngen. 1524 wurde mit dem Bau begonnen, fertig gestellt wurde das Schloss, das auch „Hohe Kemenate“ genannt wird, 1545 von Andreas VIII. von Thüngen. Er gehörte der in Burgsinn ansässigen Linie der Familie an, daher der Name des Schlosses.

Die Geschichte des Hauses ist sehr bewegt, die Räume wurden für unterschiedlichste Zwecke genutzt. Im ersten Stockwerk befinden sich auch heute noch die Büroräume von Hanskarl von Thüngen, dem Chef des „Freiherrlich von Thüngenschen Domänenamtes“ und Eigentümer der angrenzenden Brauerei „Herzog von Franken“.

Besonders sehenswert ist das einstige Amtszimmer von Konrad II. von Thüngen (1466 – 1540), dem ehemaligen Herzog von Franken und Würzburger Fürstbischof. Der mit prachtvollen Holzintarsien ausgestattete Renaissance-Saal wurde in den 1960er Jahren umfangreich renoviert. Das reichhaltige Schnitzwerk wurde von Schreinern der Brauerei ausgebessert oder stilgetreu ergänzt. Auch die Wandgemälde wurden unbeschädigt freigelegt.

Der Juwel ist die Eichentüre des Zimmers. Dr. Susanne von Thüngen umschreibt die aufwändigen Schnitzereien wie folgt: „Dieses Werk orientiert sich an antiken Motiven mit ionischen und korinthischen Säulen, sowie einer idealisierten Landschaft, durch die die Illusion geschaffen wird, durch ein Fenster aus dem Innenraum nach draußen zu blicken. Bezeichnend für die Kunst dieser Zeit ist die deutlich erkennbare Symmetrie und die Zentralperspektive.“ Das Portal mit den Einlegearbeiten besteht aus zwanzig verschiedenen Holzarten.

Seit Februar 2002 werden im Renaissance-Saal standesamtliche Trauungen durch den Thüngener Bürgermeister Klaus Enzmann vollzogen. Hanskarl von Thüngen vermutet, dass dies auch schon früher der Fall gewesen sein dürfte.

Von 1867 – 1879 befand sich im Burgsinner Schloss die Poststelle, zeitweise auch eine Telegraphenstation.  Zentraler Punkt im Erdgeschoß war früher eine Kapelle. 1960 wurde der Gewölbesaal der Kapelle in eine Gaststätte umgebaut. Seit 2009 bewirtschaftet die Familie Keller die Gaststätte „Schloß-Stuben“ mit dem Biergarten und einer Kegelbahn.

Von großer Bedeutung war das Burgsinner Schloss nach 1945 für viele Familien aus dem Sudetenland. Die Heimatvertriebenen fanden im angrenzenden Hofgut des Barons von Thüngen eine Anstellung und konnten im Burgsinner Schloss wohnen. Die Wohnform war allerdings wenig komfortabel. In Lagerräumen und im „Schalander“ (Pausenraum der Bierbrauer) lebten vielköpfige Familien auf engstem Raum.

Nach dem Krieg waren im Hofgut viele Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt, die sich neben der Feldarbeit auch um das Vieh gekümmert hatten. Heute gibt es keine Tiere mehr im Hofgut. Die wenigen Mitarbeiter bewirtschaften mit modernen Maschinen die Felder.

In den weiteren Stockwerken des Burgsinner Schlosses befinden sich Wohnungen, in denen früher Mitarbeiter der Brauerei oder des Hofgutes gewohnt haben. Die Wohnungen sind jedoch heute nicht mehr vermietet.

Zum zehnjährigen Jubiläum der angrenzenden Brauerei „Herzog von Franken“ wurde ein Kellergewölbesaal – direkt unter den „Schloß-Stuben“ aufwändig renoviert, der nun für Festlichkeiten gemietet werden kann.

BLAUER TURM

Er entstand etwa am Ende des 14. oder zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Die Herren von Thüngen überwachten von hier aus die Schifffahrt auf dem Main und die Straßen von Thüngen bzw. Stetten nach Retzbach.

Der Blaue Turm befindet sich in der Nähe der Staatsstraße nach Retzbach. Auf halber Strecke, rechts von der Straße, in einem Wäldchen auf dem Lerchenberg. Er ist von der Straße her nicht mehr einzusehen. Die etwa sechs Meter im Quadrat umfassende Anlage besteht aus geschichtetem Bruchsteinmauerwerk. Die Ruine ist kaum noch ein Stockwerk hoch und stark zerfallen. Die Bezeichnung „blau“ kommt vermutlich daher, dass der Turm in späterer Zeit mit einem Schieferdach versehen war, während die Dächer in den Ortschaften, sofern sie nicht mit Stroh gedeckt waren, rote Dachziegel trugen. „Blau“ könnte aber auch eine abgewandelte Form des Wortes „Maut“ sein. Oft wird behauptet, es gäbe einen unterirdischen Gang vom Ort bis zum Blauen Turm. Das stimmt nicht. In Weißenbach, ebenfalls ein ehemals Thüngener Ort, gibt es einen noch erhaltenen Blauen Turm.

TIP: Die Brauerei „Herzog von Franken“ und die „Schloss-Stuben“

Neben dem Burgsinner Schloss befindet sich die Brauerei „Herzog von Franken“. Auf Anfrage bietet Braumeister Dieter Beutel (Tel. 09360 990808 oder 09363 90910) Führungen durch die angrenzende Brauerei an.

Im Gastraum der „Schloss-Stuben“ ist u. U. eine Bewirtung möglich.

TIP: Der Renaissance-Saal im Burgsinner Schloss 

Der Renaissance-Saal im Burgsinner Schloss steht Brautpaaren offen, die sich in einem besonderen Ambiente trauen lassen wollen. Ansprechpartner ist der Bürgermeister (Tel. 09360 242) oder das Standesamt (Tel. 09364 80720).

TIP: Der Gewölbekeller im Burgsinner Schloss

Auch die Hochzeitsfeier könnte im Burgsinner Schloss stattfinden. Im renovierten Gewölbekeller finden Festgesellschaften mit bis zu 180 Personen Platz. Interessierte wenden sich an das Domänenamt unter Tel. 09360 1555.

TIP: Das Buch „Burgen und Schlösser in Unterfranken“

Die Thüngener Schlossanlage ist eine von 70 Burgen und Schlösser aus der Umgebung rund um Thüngen, die in dem Buch „Burgen und Schlösser in Unterfranken“ der Main-Post vorgestellt werden. Author der Thüngener Schlösser ist Wolfgang Heß. Das Buch erschien im November 2008 und wird in den Shops der Main-Post für 9,95 € angeboten.
Achtung: Es gibt namensgleiche Bücher. Achten Sie auf die ISBN-Nr. 978-3-925232-61-9.

Das Fort Thüngen in Luxemburg

Das Fort Thüngen (auf Luxemburgisch Dräi Eechelen, Drei Eicheln), ist ein Teil der historischen Festungsanlagen der Stadt Luxemburg.

Das Fort ist benannt nach Freiherr Adam Sigmund von Thüngen und wurde 1732 um das ungefähr 50 Jahre zuvor von Vauban angelegte Verteidigungswerk „Redoute du Parc“ herum angelegt.